Für eine umfassende und korrekte Maschinen-
und Prozessqualifikation ist es erforderlich, den zugrunde liegenden
Prozess ausreichend genau modellhaft zu beschreiben. Aus diesem Grund
werden Qualitätsmerkmale von gefertigten Teilen gemessen. Diese
repräsentieren das Verhalten der Maschine bzw. des Prozesses.
Voraussetzung dafür sind ein fähiges Messverfahren und ein
ausreichend großer Stichprobenumfang.
Qualitative Merkmale
Zu den qualitativen Merkmalen zählen alle nominal- und ordinalskalierten
Merkmale. Mit einer Nominalskala kann lediglich eine Gleichheit bzw.
Ungleichheit eines Merkmalträgers angegeben werden, wie passt
oder passt nicht.
Ist eine Unterscheidung zwischen kleiner bzw. größer möglich,
wie bei Schulnoten, Güteklassen usw. wird hingegen eine natürliche
Reihenfolge vorgegeben. Man nennt diese Art von Merkmalen ordinalskaliert.
Beide Skalen kennen keine Abstände und Ausprägungen, dadurch
ist der Informationsgrad bei Auswertungen von qualitativen Merkmalen
eher gering und lässt wenige Rückschlüsse auf Probleme
im Prozess zu. Typische statistische Kennwerte sind der Modalwert,
Median usw.
Quantitative Merkmale
Kontinuierliche und diskrete Merkmale gehören zur Gruppe der
quantitativen Merkmale. Unter diskret versteht man, wenn die Menge
der Ausprägungen abzählbar ist, wie dies bei der Temperatur
oder dem Kalenderdatum der Fall ist.
Die wichtigsten diskreten
Verteilungsformen sind:
- Hypergeometrische Verteilung
- Binomialverteilung
- Poisson-Verteilung
Bei kontinuierlichen Verteilungen
kann die Merkmalausprägung jede reelle Zahl eines gegebenen
Bereichs annehmen, hierzu zählen unter anderem alle Messungen
im Meter-, Gramm- oder Zeitsystem. Kontinuierliche Merkmale liefern
somit den höchsten Informationsgehalt für spätere
Auswertungen und werden deshalb an dieser Stelle am ausführlichsten
behandelt.
Zu den wichtigsten kontinuierlichen Verteilungsformen gehören:
- Normalverteilung
- Logarithmische Normalverteilung
- Betragsverteilung 1. Art
- Rayleigh-Verteilung (Betragsverteilung 2. Art)
- Weibull Verteilung
Das Modell der Normalverteilung
Für kontinuierliche Merkmale wird zum leichteren Verständnis
oft die Normalverteilung angewendet, da diese bei Experimenten und
Beobachtungen häufig auftritt. Zudem sind beliebig verteilte
Zufallsvariablen angenähert normalverteilt und zwar umso besser,
je größer deren Anzahl ist. Es ergibt sich somit ein
anschauliches, mathematisches Modell.
Doch selbst Merkmale, die nicht normalverteilt sind, können
häufig durch eine Normalverteilung angenähert werden.
Das Ergebnis führt in vielen Fällen zu sinnvollen und
praktisch brauchbaren Ergebnissen und bringt oft rechentechnische
Vorteile.
Gaußsche Normalverteilung
Bei der Normalverteilung handelt es sich um eine zum
Mittelwert µ symmetrische Verteilung, die nach beiden Seiten
glockenförmig abfällt und sich der Abszissenachse asymptotisch
annähert. Die Kurve hat zwei Wendepunkte, deren Abstand vom
Mittelwert als Standardabweichung s bezeichnet wird.
Diese Verteilungsform wird vor allem für die Beschreibung
von Längenmaßen benutzt, die nicht nullbegrenzt sind.
Dabei beträgt die Fläche unterhalb der Kurve immer eins
bzw. 100 %. Geht man von einer Prozessfähigkeit von 2 Sigma
aus (+/- 1 s), liegen 68,26 % aller Messwerte innerhalb der Toleranzgrenzen.
Bei 8 Sigma (+/- 4 s) befinden sich bereits 99,994 % aller Werte
innerhalb der Toleranz.
Betragsverteilung 1. Art
Durch die Faltung der Normalverteilung an einem
beliebigen Punkt p = µ ergibt sich die Betragsverteilung 1.
Art. Durch die Faltung werden die Werte links von p den Werten rechts
von p zugeschlagen.
Diese Verteilungsform beschreibt im Allgemeinen eindimensionale, nullbegrenzte
Merkmale mit Zielwert null wie Ebenheit, Rundheit, Parallelität
usw.
Betragsverteilung 1. Art mit Faltung bei µ=0
Betragsverteilung 2. Art
Die Rayleigh-Verteilung oder Betragsverteilung 2. Art ist eine zweidimensionale
Verteilung, die dann eingesetzt wird, wenn sich ein Merkmal aus
zwei Komponenten zusammensetzt, wobei die Streuung der Einzelkomponenten
als gleich angesehen werden kann. Anwendung findet die Betragsverteilung
2. Art beispielsweise bei Positionstoleranzen. Die folgende Tabelle
gibt einen Überblick über die Verteilungsformen einiger
wichtiger Merkmale.
Die gängigsten Verteilungsarten der wichtigsten
Form- und Lagetoleranzen im Überblick:
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